Friedensnobelpreis 1964: Martin Luther King

Friedensnobelpreis 1964: Martin Luther King
Friedensnobelpreis 1964: Martin Luther King
 
Der amerikanische Baptistenpfarrer wurde für seinen gewaltlosen Kampf gegen die Rassentrennung und für seinen Einsatz für die Bürgerrechte der schwarzen Bevölkerung in den USA ausgezeichnet.
 
 
Martin Luther King, * Atlanta (Georgia) 15. 1. 1929, ✝ Memphis (Tennessee) 4. 4. 1968 (ermordet); ab 1948 Promotion in Theologie an der Boston University, 1953 Heirat mit Coretta Scott, seit 1954 Pfarrer in Montgomery (Alabama), 1955 Führer des Busstreiks in Montgomery, 1957 Präsident der Bürgerrechtsorganisation Southern Christian Leadership Conference (SCLC), 1963 Marsch auf Washington.
 
 Würdigung der preisgekrönten Leistung
 
Ich habe einen Traum, dass meine vier Kinder eines Tages in einer Gesellschaft leben, in der sie nicht nach ihrer Hautfarbe, sondern nach ihrem Charakter beurteilt werden. Ich habe einen Traum. ..« Am 28. August 1963 hielt der Baptistenpfarrer Martin Luther King auf den Stufen des Lincoln Memorial in Washington seine denkwürdige Rede »I have a dream. ..«, in der er seine Zuhörer an die Prinzipien des friedlichen Widerstands und der Gewaltlosigkeit erinnerte und seine Vision eines Amerika ohne Rassendiskriminierung entwarf. Mit diesem Marsch auf Washington, an dem 250 000 Menschen teilnahmen, erreichten die friedlichen Proteste der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung ihren Höhepunkt.
 
 Rassentrennung und Diskriminierung
 
Auch wenn die Sklaverei in den Vereinigten Staaten noch während des Sezessionskriegs 1863 gesetzlich abgeschafft wurde, änderte sich für die ehemaligen Negersklaven und ihre Nachkommen fast 100 Jahre lang nur wenig. Die Mehrheit der Afroamerikaner war arm und litt unter schlechter oder gar keiner Schulbildung, hoher Arbeitslosigkeit und einer Benachteiligung in allen Bereichen des öffentlichen Lebens. Das Wahlrecht hatten die Farbigen nur auf dem Papier: Wer wählen wollte, musste sich zuvor registrieren lassen, und das scheiterte bei 95 Prozent der schwarzen Bevölkerung an den absichtlich hoch gehängten Anforderungen der »weißen« Behörden (beispielsweise mussten Schreib- und Lesefähigkeit nachgewiesen werden). Vor allem in den Südstaaten galt der Gleichheitsgrundsatz der US-Verfassung für Amerikaner schwarzer Hautfarbe bis in die 1950er-Jahre nicht. Dort praktizierte man zudem eine strikte Rassentrennung in Schulen, Bahnhöfen, öffentlichen Verkehrsmitteln, Toiletten, Restaurants, Kinos und Theatern, ja sogar in Kirchen. Der Hinweis »For whites only — nur für Weiße« versperrte den Schwarzen nicht nur den Zutritt zu vielen öffentlichen Einrichtungen, sondern auch den Zugang zu höheren Gesellschaftsschichten und zu öffentlichen Ämtern.
 
Darüber hinaus sorgten rassistische Geheimorganisationen wie der Ku Klux Klan, der zu Beginn des 20. Jahrhunderts mehrere Millionen Mitglieder zählte, durch Mord, Drohungen, Lynchjustiz, Vergewaltigung und Brandstiftung dafür, dass die afroamerikanische Bevölkerung duldsam und unterwürfig blieb und kaum jemand an diesem Unterdrückungssystem zu rütteln wagte.
 
 Boykotte und Protestmärsche
 
In diesem Klima aus Demütigungen und Benachteiligungen wuchs auch Martin Luther King auf, wenngleich er als Angehöriger der kleinen schwarzen Mittelschicht von Atlanta vergleichsweise privilegiert war und eine Hochschulausbildung absolvieren konnte. Nach Abschluss seines Theologiestudiums trat King 1954 in Montgomery in Alabama eine Pastorenstelle an.
 
Als am 1. Dezember 1955 die schwarze Näherin Rosa Parks verhaftet wurde, weil sie sich im Bus geweigert hatte, ihren Sitzplatz an einen Weißen abzugeben, und damit gegen die Rassengesetze verstoßen hatte, beschloss die schwarze Bevölkerung Montgomerys einen Busboykott. Der erst 26-jährige Martin Luther King wurde zum Vorsitzenden des dafür gebildeten Bürgerausschusses gewählt. »Wir sind heute Abend hier versammelt, um denen, die uns so lange misshandelten, zu sagen, dass wir genug haben: genug davon, ausgeschlossen und erniedrigt zu sein, genug davon, herumgestoßen und brutal unterdrückt zu werden«, sagte er und erklärte die Gewaltlosigkeit zur obersten Priorität im Kampf um Gleichberechtigung. Der Boykottaufruf erwies sich als überaus wirksam: Die gesamte schwarze Bevölkerung in Montgomery benutzte keine öffentlichen Verkehrsmittel mehr, und das über ein Jahr lang — mit Erfolg: Im Dezember 1956 erklärte der oberste Gerichtshof die Rassentrennung in den Bussen von Montgomery für verfassungswidrig.
 
Auch für die 1957 gegründete landesweite Bürgerrechtsorganisation »Southern Christian Leadership Conference« (SCLC) wurde King zum Sprachrohr. Seine mitreißenden Reden mobilisierten die Massen und konnten sie auf gewaltlosen Widerstand einschwören. Mit zahlreichen Protestaktionen machte die Bürgerrechtsbewegung zunächst in den Südstaaten auf die Diskriminierung der Afroamerikaner aufmerksam.
 
Auch durch mehrere Bombenanschläge auf sein Haus, durch unzählige Polizeischikanen, Verhaftungen und Drohungen ließ sich King nicht vom Prinzip der Gewaltlosigkeit abbringen und wurde dadurch zum Vorbild für viele Bürgerrechtskämpfer, schwarze wie weiße.
 
 Unbeirrter Streiter für Frieden und Gewaltlosigkeit
 
"
 
»Unsere Wehrlosigkeit ist unsere Waffe, und unsere Schutzlosigkeit ist unsere Macht.« Aufbauend auf den Lehren Mahatma Gandhis beschritt Martin Luther King einen völlig neuen Weg im Kampf um bürgerliche und soziale Gleichberechtigung der schwarzen Amerikaner. Hasserfüllten Rassisten und Polizeiwillkür setzte er gewaltlosen Widerstand der Massen entgegen und erregte damit weltweit Aufsehen. Was die Schwarzen aus ihrer Lethargie erweckte und ihnen Selbstbewusstsein und Würde wiedergab, sprach zugleich das Gewissen der liberalen weißen Amerikaner an. Sichtbare Erfolge waren der Civil Rights Act (1964) und der Voting Rights Act (1965), zwei Gesetze, die alle Benachteiligungen von Schwarzen in Politik, Wirtschaft und öffentlichem Leben verboten. Durch die Verleihung des Friedensnobelpreises an King im Jahr 1964 fand die Bürgerrechtsbewegung auch internationale Anerkennung.
 
Doch die schleppende Umsetzung der Gesetze in die Praxis machte viele Afroamerikaner unzufrieden und ungeduldig und führte schließlich zur Bildung militanter schwarzer Gruppierungen wie »Black Bower«, »Black Muslim« und »Black Panther« und mündete ab 1965 in schwere Rassenunruhen. King, der sich nicht vom Weg der Gewaltlosigkeit abbringen ließ, wurde selbst Opfer der Gewalt: Am 4. April 1968 fiel er dem Attentat des weißen Rassisten James Earl Ray zum Opfer.
 
S. Straub

Universal-Lexikon. 2012.

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